Wenn der Yoga-Kurs ins heimische Wohnzimmer kommt - Die Volkshochschule in Corona-Zeiten


Seit dem 16. März ruht der Kursbetrieb der vhs Langenfeld aufgrund der Corona-Pandemie: Kursräume sind verweist, Yogamatten liegen brach, selbst die beliebte Lehrküche bleibt kalt. Die VHS-Geschäftsstelle ist derzeit nur telefonisch und per Mail erreichbar. Doch hinter den verschlossenen Türen der Volkshochschule herrscht geschäftiges Treiben.

Volkshochschule geht neue Wege

„Um auch in Corona-Zeiten Bildungsangebote aufrecht zu erhalten, mussten wir neue Wege gehen“, berichtet VHS-Leiter Christian Fliegert. Gemeinsam mit seinem Team experimentiert er derzeit mit unterschiedlichen digitalen Möglichkeiten und technischen Hilfsmitteln. Da kam es wie gerufen, dass Timothée Liebig, der neue Pädagogische Mitarbeiter für die Bereiche Gesundheit, Beruf und EDV, ein ausgewiesener Experte für die VHS-Cloud ist - einer online-basierten Lernplattform des Deutschen Volkshochschul-Verbandes. So wurde die Wissensvermittlung kurzerhand in die „Cloud“ verlegt. Im ersten Schritt schulte Liebig im Rahmen eines Webinars 40 Kursleitende für die Nutzung der Lernplattform, ein zweites Online-Seminar ist für Montag nächster Woche geplant. „Das Interesse auf Seiten der Kursleitenden ist riesig, und die Resonanz nach der Schulung war durchweg positiv“, resümiert Programmplaner Liebig.

Gerade im Homeoffice ist man für jede Bewegungseinheit dankbar

Noch mehr freut es ihn, dass das Webinar auch direkt Früchte trägt. Bereits letzte Woche führte die langjährige VHS-Kursleiterin Elena Spereiter einen ersten Online-Schnupperkurs „Yogilates“ mit mehr als 30 Teilnehmern durch. „Ich hab mich total gefreut, als ich per Mail zu diesem Angebote eingeladen wurde“, erzählt Birgit Stepponat, die am Webinar teilgenommen hat. „Der Schnupperkurs hat mir richtig gut gefallen“, erzählt die 50-Jährige, die Stammkundin bei den Gesundheitskursen der VHS ist. „Gerade jetzt im Homeoffice ist man dankbar für jede Bewegungseinheit“, freut sich die fitnessbegeisterte Langenfelderin. Jetzt hoffe sie, dass der Kurs auf dieser Basis fortgeführt und das Online-Kursangebot vielleicht sogar noch erweitert wird. „Ich würde mich freuen, wenn das Webinar auch nach Corona noch weiterlaufen würde. Für Personen, die zeitlich nicht so flexibel sind, etwa weil sie Kinder zu betreuen haben, wäre das ein prima Alternative“, lobt sie das neue Angebot der Volkshochschule. Geholfen habe ihr, dass sie keine blutige Anfängerin sei, erzählt Birgit Stepponat, dann spiele es auch keine Rolle, dass die Kursleiterin die Teilnehmer nicht sehen und gegebenenfalls korrigieren kann. Doch selbst das wäre technisch möglich, erläutert Programmplaner Liebig – etwa mittels einer Kurseinführung oder Nachbereitung in Form einer Videokonferenz.

Niemand soll an technischen Hürden scheitern

Doch gerade für ältere Teilnehmer stellt das neue Kursformat zunächst eine Hürde dar. Für viele ist es eine Herausforderung, sich mit den technischen Endgeräten und den Funktionen der Cloud auseinanderzusetzen. „Aber daran soll es nicht scheitern“, erklärt VHS-Leiter Christian Fliegert. Jeder Interessierte wird ausführlich in die Technik eingewiesen – wenn nötig auch im Einzelgespräch. Und der Erfolg gibt ihm Recht: Aufgrund des großen Interesses gibt es für Fitnessbegeisterte am kommenden Freitag eine zweite Auflage des Online-Yogakurses (Kurs-Nr. 5309W), und weitere Webinare im Gesundheitsbereich sind bereits in Vorbereitung. „Solange unsere Teilnehmer nicht zu uns kommen können, müssen wir eben mit unseren Angeboten ins heimische Wohnzimmer kommen“, erklärt Christian Fliegert. Am 18. Mai lernen Medien-Interessierte in einem Webinar in Kooperation mit der vhs Ratingen, wie sie mit ihrem Smartphone Videos produzieren und schneiden können (Kurs-Nr. 2303). Dabei entstehen Filmsequenzen für die Großeltern, für Freunde, die man derzeit nicht besuchen darf oder für Schüler im Homeschooling. Über gut gemachte Videos freut sich schließlich jeder in diesen Zeiten. 

Besonders die Situation unserer Kursleiter hat uns beschäftigt

„Neben den Überlegungen, wie Volkshochschule auch in Corona-Zeiten weitergehen kann, hat uns besonders die Situation unserer Kursleiter beschäftigt und betroffen gemacht. Honorarausfälle sind nicht einfach zu verkraften“, gibt Fliegert zu bedenken. „Gemeinsam mit dem Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) und dem Landesverband der Volkshochschulen von NRW haben wir im Hintergrund aktiv daran mitgewirkt, die Situation der Lehrkräfte an Volkshochschulen politisch ins Blickfeld zu rücken. Dabei war es uns wichtig, die Dozenten zeitnah über alle Hilfsangebote des Landes zu informieren“, so der VHS-Chef.

Freitag, der 13. war der Startschuss in die Nullzeit

„Freitag, der 13. war für mich der Startschuss in die Nullzeit“, berichtet Uta Wetzler, die hauptberuflich als Kursleiterin an der vhs Langenfeld tätig ist und Integrationskurse im Bereich Deutsch als Fremdsprache betreut. „Wenn von einem Tag auf den anderen alle Einkünfte wegbrechen, ist die finanzielle Situation natürlich angespannt“, erzählt die alleinerziehende Dozentin. Da habe es geholfen, dass es eine Sonderabschlagszahlung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Kurse bis zum Ende Osterferien gab. Die ausgefallenen Kurstermine werden nachgeholt, sobald der Kursbetrieb wieder anläuft. Auch von der Soforthilfe NRW für Solo-Selbstständige habe sie profitiert. Aber Freitag, der 13. sei für sie auch der Startschuss gewesen, es online zu versuchen, erzählt Uta Wetzler. Bei diesem Vorhaben habe ihr auch die Online-Schulung der vhs Langenfeld für Kursleiter und die anschließende 1:1-Betreuung durch die Fachbereichsleiter enorm geholfen. Voraussichtlich ab nächster Woche wird sie einen Integrationskurs mit Alphahintergrund über das VHS-Lernportal online begleiten. Unter dem Motto „Einfach  Deutsch lernen von zu Hause" absolvieren die Teilnehmer im Rahmen dieses Lernprogramms mindestens zehn Übungen pro Woche. Uta Wetzler steht ihnen dabei als Tutorin über Email und eine Chat-Funktion mit Rat und Tat zur Seite. Dabei handele es sich um ein freiwilliges Zusatzangebot für Migranten, um über den langen Zeitraum des Unterrichtsausfalls nicht den Anschluss zu verlieren. Die Teilnehmer seien größtenteils sehr motiviert, doch neben der sprachlichen Hürde müssen zunächst auch technische Hindernisse überwunden werden. „Kaum einer der Teilnehmer verfügt über einen Computer, stattdessen müssen die Lerneinheiten auf dem Mobiltelefon erledigt werden“, erzählt Wetzler. Dabei sei es wichtig, die Teilnehmer an die Hand zu nehmen und sehr eng zu begleiten. Oft helfen die Kinder ihren Eltern beim Registrierungsprozess, weiß die Kursleiterin. Sie empfinde die technischen Möglichkeiten als große Bereicherung. „Mir macht dieses Arbeiten jedenfalls sehr viel Spaß.“ Vieles davon könne auch nach der Coronakrise unterstützend für die Lehrtätigkeit genutzt werden, freut sie sich. Dabei muss das Rad ja nicht jedes Mal neu erfunden werden. Andere Kursleiter lässt sie gerne an ihren Erfahrungen teilhaben und regt einen engeren Austausch unter den Dozenten an ? etwa über die VHS-Cloud.   

Einfach Deutsch lernen von zu Hause

Während der Schließung des Unterrichtsbetriebs geht die Arbeit in der Volkshochschule auch in Krisenzeiten weiter: „Die Planung des kommenden Semesters läuft bereits auf Hochtouren“, berichtet Fliegert. „Wir hoffen natürlich, dass die Einschränkungen bis zum Beginn des neuen Semesters aufgehoben sind, und wir das Programm wie geplant umsetzen können – aber wahrscheinlich werden wir sehr flexibel sein müssen.“

Wir hoffen, dass schnell wieder Leben ins Kulturzentrum zieht

Auch für das VHS-Team, das momentan in zwei Schichten abwechselnd zwischen Rathaus und Homeoffice pendelt, ist dieser Arbeitsalltag gewöhnungsbedürftig: „Unsere Kunden fehlen uns“, erklärt der VHS-Leiter Fliegert. „Wir hoffen, dass wenn die Pandemie vorüber ist, ganz schnell wieder Leben ins Kulturzentrum zieht.“ Sicher werde man das gewonnene Knowhow aus diesen bewegten Zeiten mit in die weitere Entwicklung der Volkshochschule einbeziehen. Dennoch sei die Volkshochschule ihrem Grundsatz nach auch im digitalen Zeitalter ein Ort der Begegnung und des sozialen Miteinanders. „Und so soll es auch bleiben“, erklärt Christian Fliegert.  

Informationen bei der Volkshochschule Langenfeld, Rathaus, Zimmer 005, Telefon 794-4555/-4556. Internet: www.vhs-langenfeld.de


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