Sprachlich am Ball bleiben mit den Online-Tutorien der vhs Langenfeld


„Das ist ein Berliner“, heißt es auf der digitalen Pinnwand im vhs Lernportal. „Er ist flauschig, süß und lecker“, beschreibt eine Teilnehmerin des Deutsch-Online-Tutoriums der vhs Langenfeld die rheinische Leckerei, die in einer Videosequenz vorgestellt wird. „Donut“ heiße das Gebäck in Malaysia, erfährt man, und statt einer Füllung habe er dort ein Loch in der Mitte und außen ganz viel Zuckerguss. Auch in den übrigen Heimatländern der Kursteilnehmer kennt man Abwandlungen des fettigen Gebäcks – nur bei der bevorzugten Geschmacksrichtung gehen die Meinungen auseinander: „Mein Lieblingsberliner ist der mit Erdbeerfüllung“, verrät eine Teilnehmerin, während der im Rheinland beliebte Eierlikör-Berliner eher auf Befremden stößt.

Der Austausch auf der Pinnwand des Online-Tutoriums ist rege und hilft den Teilnehmern der derzeit unterbrochenen Integrationskurse, sprachlich am Ball zu bleiben. „Die Pinnwand ist dabei Ort des Austausches und bietet die Möglichkeit für schriftliche Gruppenarbeiten“, erklärt Kursleiterin Tatevik Tokatlyan-D' Ambrosio. Für dringende Fragen gibt es eine WhatsApp-Gruppe und zweimal in der Woche trifft sich der Kurs Auge in Auge zur Videokonferenz, um auch mündliche Aufgaben bewältigen zu können. Die derzeit drei Online-Tutorien der Volkshochschule sind kein Ersatz für die ausgefallenen Präsenzkurse im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“, sondern ein freiwilliges Angebot des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Im Vorfeld hatte Ursula Niebuhr, Fachbereichsleiterin Sprachen bei der vhs Langenfeld, alle Teilnehmer der Integrationskurse der Niveaustufen A1, A2 und B1 angeschrieben und abgefragt, wer Interesse hat, während des Lockdowns seine Deutsch-Kenntnisse weiter zu pflegen. „Die Teilnehmer meines Integrationskurses hatte ich zum Glück bereits im Präsenzunterricht im letzten Sommer auf die Nutzung der vhs Lernplattform vorbereitet. Dadurch war der Einstieg ins Online-Tutorium völlig komplikationslos“, berichtet VHS-Kursleiterin Uta Wetzler.

Fünf Tage die Woche jeweils zwei Unterrichtsstunden büffeln Teilnehmer aus 20 Nationen Deutsch. Darüberhinaus muss jeder Sprachschüler pro Woche mindestens zehn Übungen eigenständig bearbeiten. „Beim Distanzunterricht im vhs Lernportal steht das individuelle Lernen im Mittelpunkt“, erklärt Kursleiterin Tokatlyan-D' Ambrosio. Dabei können die Teilnehmer im eigenen Tempo vorangehen und so viele Aufgaben bearbeiten, wie sie schaffen. „Die Kursteilnehmer sind beim Online-Tutorium flexibel in ihrer Zeiteinteilung“, so die Deutsch-Dozentin. Viele Teilnehmer hätten Kinder im Homeschooling und könnten tagsüber nicht gut lernen, erläutert Tokatlyan-D' Ambrosio die Vorteile des Distanzlernens.

Haupt-Engpass beim Online-Unterricht sei fast immer die fehlende technische Infrastruktur, ergänzt Uta Wetzler. „Viele Teilnehmer verfügen lediglich über ein Mobiltelefon. Wenn dann noch Kinder im Distanzunterricht in der Familie leben, ist das Gerangel um die Geräte vorprogrammiert“, erzählt die Sprach-Dozentin. Viele Funktionalitäten des Lernportals ließen sich zudem über das Handy kaum nutzen. „Gruppenarbeiten, Online-Übungen oder Eingaben in digitale Arbeitsblätter erfordern eigentlich ein Tablet oder einen PC – und die sind Mangelware bei unseren Teilnehmern“, so die Kursleiterin.     

Für viele Teilnehmer sei dies bereits die zweite Kurspause innerhalb eines Integrationskurses. „Da ist das Frustrationspotential sehr hoch“, erzählt sie. Die meisten sind sehr motiviert bei der Sache und dankbar, dass sie die Möglichkeit haben, sich auf diesem Weg in der Sprache fit zu halten, bis es mit dem Präsenzunterricht weitergeht. „Was fehlt, ist das direkte Feedback. Die Lernenden sind die meiste Zeit auf sich allein gestellt“, bringt die Kursleiterin den größten Nachteil des Distanzunterrichts auf den Punkt. Insofern könne das Online-Tutorium zwar eine Hilfe sein, aber den Präsenzunterricht ersetze es nicht. „Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Videokonferenzen“, erzählt Uta Wetzler. Denn der persönliche Kontakt dürfe nicht einschlafen. „Durch die regelmäßigen Konferenzen merken die Kursteilnehmer, dass sie nicht allein sind ? da ist immer noch jemand, der sie begleitet.“ Dies sei unglaublich wichtig für die Motivation der Lernenden, betont die VHS-Dozentin.

Besonders freut sich Fachbereichsleiterin Ursula Niebuhr, dass im März jetzt auch ein Online-Tutorium für einen der Alphabetisierungskurse zustande gekommen ist. „Es ist erfahrungsgmäß eine große Anstrengung, Teilnehmer für eine digitale Lernplattform zu begeistern, die das lateinische Alphabet noch nicht beherrschen“, erklärt Niebuhr. Dabei bietet das vhs Lernportal ideale Möglichkeiten, um die Lerninhalte mithilfe von Bildmaterial zu vermitteln. „Das bringt ganz viel Schwung in den Unterricht“, weiß auch Kursleiterin Uta Wetzler zu berichten.

Gleichzeitig sei der Online-Unterricht sehr viel aufwändiger in der Vorbereitung. Die Kursleitenden verbringen über die reinen Unterrichtszeiten hinaus viel Zeit im Lernportal, um Fragen zu beantworten oder die Inhalte aufzubereiten. Aber immerhin: „Nach dem ersten Lockdown waren die Teilnehmer des Tutoriums sprachlich deutlich fitter, als diejenigen Kursteilnehmer, die zwischenzeitlich nichts getan hatten“, erzählt Tatevik Tokatlyan-D' Ambrosio. Deshalb wird sie auch nach dem Ende des Lockdowns am Online-Tutorium festhalten,  „…als Zusatzangebot, denn die Plattform bietet viele Möglichkeiten, den Sprachschülern ergänzenden Stoff zur Verfügung zu stellen.“ Doch was ist ihre Bilanz nach dem mehrwöchigen Online-Unterricht? „Sowohl die Teilnehmer als auch ich als Kursleiterin haben gesehen, wie wichtig es ist, sich mit digitalen Medien auseinanderzusetzen ? und zwar nicht nur zur Unterhaltung oder zum Surfen, sondern um sich online zu bilden.“           

Mehr Informationen zum Thema bei der Volkshochschule Langenfeld, Rathaus,
Zimmer 005, Telefon 794-4555/-4556. Internet: www.vhs-langenfeld.de



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